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Aus der ZeitschriftPflegerecht 3/2014 | S. 129–129Es folgt Seite №129

Editorial

Die Bundesverfassung verpflichtet in Art. 41 Abs. 1 lit. b Bund und Kantone, dafür zu sorgen, dass «jede Person die für ihre Gesundheit notwendige Pflege erhält». Eine hinreichende Versorgung der Bevölkerung mit Pflegedienstleistungen stellt eine gesellschaftliche Herausforderung dar, die zunehmend anspruchsvoller wird. In Deutschland häufen sich in Gazetten die Titel, die auf einen wie auch immer gearteten Pflegenotstand hinweisen. Dieses mahnende Wort findet sich in jüngster Vergangenheit auch in Veröffentlichungen, die die Schweiz betreffen. Hierzulande wird vor allem angemahnt, dass in nicht allzu ferner Zukunft ein Pflegenotstand eintreten wird, weil es einerseits an genügenden Pflegefachkräften mangelt und andererseits die Kantone und die Gemeinden mit der Finanzierung der Pflege zunehmend an ihre Grenzen gelangen.

In Deutschland wird derzeit zur Hebung der Pflegequalität in mehreren Bundesländern die Errichtung einer berufsständischen Selbstverwaltung in Form einer Pflegekammer diskutiert. Diese berufseigene Instanz soll nach Ansicht führender Pflegevertreter das der Pflege vom Gesetzgeber übertragene soziale Mandat – die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung – durch kompetente Pflegepersonen gewährleisten. Edith Kellnhauser erläutert in ihrem Beitrag dieses Modell und wägt die Vor- und Nachteile der angedachten Pflegekammern ab. Konkret mit dem deutschen Pflegenotstand befasst sich Bernd Schulte. Er fragt sich, was zu tun ist, damit das Recht auf eine menschenwürdige Pflege durchgesetzt werden kann, und mahnt zu Recht, dass es diesbezüglich einen nimmermüden Effort der gesamten Gesellschaft bzw. von Justiz und Legislative erfordert, sollen pflegebedürftige Menschen menschenwürdig betreut werden.

Hardy Landolt analysiert die Bedeutung der obligatorischen Pflegeversicherungsleistungen und der kaum existenten privaten Pflegeversicherung in der Schweiz und kommt zum Schluss, dass das derzeitige Pflegesicherungssystem der Schweiz zu kompliziert ist und es an der Zeit wäre, dass die Politik auch hierzulande über die Einführung einer eigentlichen Pflegeversicherung nachdenken würde, um eine vor allem egalitäre Pflegeversorgung sicherstellen zu können. Die Zeichen stehen dabei nicht schlecht, seit der Bundesrat die Sicherung der Langzeitpflege zu einem Ziel der mittelfristigen Gesundheitsgesetzgebung gemacht hat und sich zunehmend Stimmen, auch im Parlament in Bern, melden, die eine Pflegeversicherung befürworten. Derselbe Autor legt in einem anderen Beitrag sodann die unterschiedlichen Mechanismen dar, mit denen der Betreuungs- und Pflegebedarf in der Praxis ermittelt wird. Die vom Gesetzgeber, wenn überhaupt, nur rudimentär geregelte Bedarfsabklärung wird zunehmend zum umstrittenen «Eingangstor» für Pflegeleistungen. Da der Ausgang der Bedarfsabklärung mitunter darüber entscheidet, wie viel Geld einer pflegebedürftigen Person pro Monat zur Verfügung steht, sollte dieser Vorgang vom Gesetzgeber klar geregelt und vor allem transparent sein.

Das Forum Gesetzgebung, von Brigitte Blum betreut, gewährt – wie immer – einen umfassenden Einblick in laufende Gesetzesvorhaben und parlamentarische Vorstösse. Die Rubrik Rechtsprechung enthält vier Urteilsbesprechungen von Hardy Landolt und Thomas Gächter zu verschiedenen sozialversicherungsrechtlichen Themen der Pflegefinanzierung. Die von Hardy Landolt betreute Rubrik des konkreten Falles beschäftigt sich mit der heiklen Frage, wie Angehörige mit dem «Schwarzgeld» eines Elternteils umzugehen haben, wenn dieser infolge Demenz nicht mehr seine eigenen Angelegenheiten besorgen kann. Im Forum Neuigkeiten informiert René Schwendimann über die im Rahmen einer Studie erforschten Ursachen der Patientenmortalität im Zusammenhang mit chirurgischen Eingriffen und zeigt auf, wie wichtig Ausbildungsniveau und Arbeitsbelastung des Pflegepersonals sind. Zudem finden sich in der fraglichen Rubrik für pflegerechtlich und -wissenschaftlich Interessierte einige Hinweise auf neu erschienene Bücher.

Es bleibt mir, Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, viel Spass bei der Lektüre zu wünschen.

Ihr

Prof. Dr. iur. Hardy Landolt LL.M.