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Aus der ZeitschriftPflegerecht 2/2020 | p. 135–136Es folgt Seite №135

Interview mit...

Helena Zaugg MLaw, MAS Interkulturelle Kommunikation, dipl. Pflegefachfrau, ehemalige Präsidentin Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK), Bern

Helena – wir haben uns im Rahmen der Redaktionsarbeit für das «Pflegerecht» kennengelernt. Blicken wir doch zunächst weit zurück: Du warst lange Jahre Präsidentin des SBK. Wenn du auf diese Zeit zurückblickst und drei Dinge nennen kannst, die für dich in deiner Arbeit wichtig waren: Welche drei Punkte nennst du?

Da gibt es einiges zu benennen. Aber auf den Punkt gebracht kommen mir diese drei Begriffe in den Sinn:

  • Pflege quo vadis?
  • Eine Aufbruchsstimmung – oder: Solidarität macht stark.
  • Die Zerrissenheit der Pflege.
  • Bereits bei meiner Wahl war es klar, dass im Verband dicke Luft herrschte. Grund dafür waren die Fachfrauen und -männer Gesundheit, die man zunehmend als Pflegefachfrauen und -männer einsetzte. Tatsache war aber, dass die Fachfrauen Gesundheit nach der obligatorischen Schulzeit eine Lehre begannen und diese nach drei Jahren abschlossen. Die ausgebildeten Pflegefachfrauen mussten hingegen zuerst die Matura oder eine Lehre machen, bevor sie ihr Studium beginnen konnten. Wir lösten dieses Problem der Aufnahme unterschiedlich ausgebildeter Personen so, dass wir eine Statutenänderung vornahmen, die etwa in der Mitte lag.

Das Problem konnte auch gelöst werden, weil wir uns dazu entschlossen hatten, eine Volksinitiative zu lancieren. Gründe dafür gab es genügend. Wir schafften es tatsächlich, die Gemeinschaft so zu mobilisieren, dass wir innerhalb von acht Monaten unsere Unterschriften beisammen hatten. Solidarität macht stark, und die Aufbruchsstimmung in der Pflege war riesig.

Der dritte Punkt macht nachdenklich. «Die Pflege» ist zerrissen. Es gibt heute Personen, die eine Pflegeausbildung abgeschlossen haben und bis zu ihrer Pensionierung in der Pflege arbeiten. Es gibt aber auch Professorinnen, Pflegeexperten, Fachspezialistinnen, Lehrpersonen und so weiter. Dabei sind die Personen, die eine der vielen Lehren gemacht haben, noch nicht mitgezählt. Die verschiedensten Berufsgruppen arbeiten mit Teilaspekten der Pflege. Das macht es schwierig, eine Gesamtsicht des Berufs zu erhalten. Hier bleibt noch viel zu tun.

Der SBK hat am 14. Juni 2019 eine Pressemitteilung verschickt:

Helena Zaugg wurde an der Delegiertenversammlung zum Ehrenmitglied ernannt. Jürg Schlup, Präsident der FMH, würdigte in seiner Rede die Verdienste von Helena Zaugg: «Mit ihren diplomatischen Fähigkeiten und ihrem feinen politischen Gespür ist es Helena gelungen, eine breite Unterstützung für die Pflegeinitiative aufzubauen.»

Das ist eine sehr schöne Würdigung deiner Arbeit. Bist du damit einverstanden?

Ja, das war schön.

Die schweizerische Krankenversicherung ist äusserst vielfältig gestaltet: Pflegefachpersonen, Ärztinnen und Ärzte, Spitäler, delegiert tätige Personen, Hebammen, Chiropraktorinnen und Chiropraktoren. Gibt es unter den vielen Personen in der Praxis eine Hierarchie?

In der Praxis besteht die Hierarchie, dass der Arzt oder die Ärztin weiss, was zu tun ist. Mit einigen Ausnahmen – wie die Hebammen oder Chiropraktorinnen und Chiropraktoren – ist es so, dass die Ärzte die Behandlung und Betreuung bestimmen.

Ohne Pflegefachpersonen wäre das Krankenversicherungssystem lahmgelegt. Wenn du in die Zukunft blickst: Wo werden die Pflegefachpersonen in zehn Jahren stehen?

Pflegefachpersonen braucht es immer. Ich wünsche mir, dass es ausreichend Pflegefachpersonen gibt, sich ihre Arbeitssituation verbessert, ihre Arbeit entsprechend entlohnt ist und sie ihren eigenständigen Bereich haben.

In der Politik wird sehr häufig darüber diskutiert, ob Pflegefachpersonen auf ärztliche Anordnung hin (d.h. selbständig und im eigenen Namen) oder im Delegationsverhältnis (d.h. im Namen von Ärztin Aus der ZeitschriftPflegerecht 2/2020 | p. 135–136 Es folgt Seite № 136oder Arzt) tätig werden sollen. Welches System steht für dich im Vordergrund?

Eine spannende Frage. Ich würde es vorziehen, wenn sie in den Bereichen, in denen der Arzt nicht vorbeikommt, auch selbst entscheiden. Also ohne den Zusatz «auf ärztliche Anordnung hin».

Der Trend in der Medizin geht in die Richtung der ambulanten Behandlung. Wie wirkt sich diese Entwicklung auf die Pflegefachpersonen aus?

Für die Pflegefachpersonen ist dies eigentlich eine gute Entwicklung. Man kann beschreiben, was sie zu tun haben, und sie tun es. Problematisch wird es da, wo die Pflegefachpersonen mit Fachfrauen Gesundheit, Fachfrauen Betreuung, Pflegeassistentinnen und so weiter arbeiten. Wer macht was?

Blicken wir noch ins Ausland. Du kennst verschiedene ausländische Pflegesysteme. Gibt es einen oder mehrere Punkte, die ganz typisch für das schweizerische System der Pflege sind?

Das ist schwierig zu beantworten, weil die Pflegeausbildung weltweit die Gleiche ist. Ein Punkt ist sicher, dass heute viele Gesundheitsberufe im Bereich der Pflege tätig sind. Zur Arbeit der Pflegefachfrauen und -männer müssen sie noch besser abgegrenzt werden.

Du bleibst auch nach dem Rücktritt als SBK-Präsidentin der Redaktion des «Pflegerechts» erhalten, was die ganze Redaktion ganz ausserordentlich freut. Wo legst du nach dem Rücktritt deine beruflichen Schwerpunkte?

Mich interessieren das Recht und die Gesundheit, also die Verbindung des Normativen mit dem effektiven Heilungsprozess von Patienten.

Liebe Helena – herzlichen Dank für deine Antworten! Du wirst auch zukünftig die Redaktionsarbeit prägen, und auch dafür danken wir dir herzlich.

Das Interview führte

im Namen der Redaktion

der Zeitschrift «Pflegerecht»